Story: Stopover

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von guapasguapo am 21.7.2010, 09:41:17 in Sie+Er

Stopover

Herr B. schaute den jungen Mann fassungslos an. Er war planmäßig gelandet, nur um beim Umsteigen von einem Fluglotsen-Streik zu erfahren. Sein Anschlussflug hatte sich damit erledigt. Solche Zwischenfälle hatte er schon öfter erlebt. Fassungslos machte ihn, dass es offenbar im gesamten Flughafen keine freie Übernachtungsmöglichkeit mehr gab - er war einfach zu spät - und dass er die Terminals nicht verlassen durfte, um sich ein anderes Hotel zu nehmen. Er hatte kein Visum. Und sein Gepäck war irgendwo in den Katakomben des Flughafens. Wenigstens sollte es am nächsten morgen weiter gehen.

So saß er nur mit seinem Aktenkoffer in einem kleinen Café zwischen den Terminals. Zumindest schmeckte der Kaffe. Als er vom Handy seine Frau informierte, sagte sie: "Weißt du noch, wie wir früher auf irgendwelchen Bänken geschlafen haben, weil der Flug morgens um vier günstiger war? Fühl dich einfach wieder jung und ärger dich nicht!" Sie mussten beide lachen. Und als er sich umsah, waren da viele junge Reisende, so wie sie früher. Ihm gegenüber zum Beispiel zählten zwei junge Frauen ein paar Münzen für ein Croissant ab. Beide hatten bunte Bänder in den 1000 Zöpfchen und einen Kochtopf an den Rucksack gebunden.

Herr B. seufzte leise und eines der Mädchen hob den Kopf und sah ihn an. Ihre dunklen, großen Augen und das ebenmäßige, braune Gesicht erinnerten ihn an etwas. Oder an jemanden? Er kam nicht drauf. Sie lächelte ihn kurz an und zählte weiter die Münzen auf dem Tisch. Früher hätte er sich mit dazu gesetzt. Aus Neugier, woher die beiden wohl kamen, was sie gesehen hatten, wo sie hinwollten. Jetzt zog er seinen Laptop aus der Tasche und begann, ein paar Emails zu schreiben. "Ach B., was bist alt und langweilig geworden", dachte er und musste bei dem Gedanken kurz über sich selber lachen. Die beiden Dunkelhaarigen sahen ihn fragend an. Er winkte grinsend ab und sie lachten ebenfalls. In welcher Sprache unterhielten sie sich wohl? Arabisch? Seine Frau hätte den Klang zuordnen können. Es schwang etwas Fremdes, Verheißungsvolles in den Stimmen. Und wenn die eine ab und zu den Blick hob und er in diese dunklen Augen sah, dann fühlte er so ein Fernweh, das er lange nicht mehr gespürt hatte.

Einige Sandwiches später wurde ihm klar, dass er kaum die ganze Nacht hier sitzen konnte. Die Idee seiner Frau mit der Bank war vielleicht gar nicht die schlechteste. Als er aufstand, winkte ihm eine zarte, braune Hand kurz zu. Graue Schläfen machen ja vielleicht wirklich attraktiv, dachte er sich und nickte ihr freundlich zu.

Internationale Flughäfen sind alle gleich. Es sind nur Detaills, die sich unterscheiden. Hier waren es die Armlehnen, die jede Bank in einzelne Sitze unterteilten. Überall sah er Menschen, die versuchten, trotzdem eine angenehme Schlafposition einzunehmen. Es sah nicht besonders vielversprechend aus. Erst spät fand er einen Bereich in den Abflug-Terminals, in dem es richtige Schlafsessel gab. Die inzwischen natürlich belegt waren.

Entmutigt ging er in Richtung seines Abflug-Gates. Wenigstens hätte er so einen kurzen Weg, wenn er dann wirklich morgens loskommen sollte. Auch hier gab es keine Bank zum liegen. Aber er traf die beiden Frauen wieder. Die eine sah ihn, sieß ihre Begleiterin an und beide lachten. Eben hatten sie einen Rollwagen einen Spalt breit aufgebrochen, in dem eine Fluggesellschaft die Decken lagerte, die in der Kabine verteilt werden. Die beiden zogen eine weitere heraus und hielten sie ihm hin. "You too?" Er bedankte sich. "Besser als nichts", murmelte er.

In einem Seitengang war man einigermaßen vor dem kalten Luftzug der Klimaanlage geschützt. Herr B. suchte sich eine Ecke mit etwas Abstand zu den beiden. Während die ihre Schlafsäcke ausrollten und aus den Decken eine weiche Unterlage herstellten, legte er den Kopf auf seinen Aktenkoffer. Kurz sah er noch einmal zu den beiden herüber als plötzlich die Deckenbeleuchtung ausging, als hätte jemand gesehen, dass sie jetzt schlafen wollten. Nur die Hinweise auf den Notausgang hülltend alles in ein gedämpftes Licht. Er zog die dünne Decke über sich.

Er war in Gedanken versunken als sein Blick irgendwann später auf die beiden Mädchen fiel. Die eine sah ihn mit weit offenen Augen an. Die andere hatte sich auf die Seite gedreht und schlief offensichtlich. Herr B. hätte sich nichts dabei gedacht, wenn die dunklen Augen nicht mit einem fast panischen Gesichtsausdruck erstarrt wären, als ihre Blicke sich trafen. Also lies er seinen Blick über den Schlafsack gleiten. Zunächst fiel ihm eigentlich nichts Besonderes auf, bis er bemerkte, dass eine Hand auf ihren Brüsten lag, die andere irgendwo tiefer... Sollte sie...?

Wieder trafen sich ihre Augen. Die Panik war immer noch in ihrem Blick, Scham vielleicht, oder Schuldgefühle. Woran mochte sie gerade denken? Dass er sie verurteilen könnte? Dafür war Selbstbefriedigung für ihn viel zu selbstverständlich. Auch für seine Frau. Aber das konnte er den erschrockenen dunklen Augen ja jetzt kaum sagen.

Er versuchte zu Lächeln, um etwas hilflos die Anspannung aus dem Moment zu nehmen, aber er bemerkte eine lang nicht mehr verspürte Aufregung. Wie vor der ersten Verabredung oder dem ersten Kuss. Es wurde mehr ein aufmunterndes Zwinkern. Es ist ja manchmal spannend, wie viele Emotionen in einem Blick liegen können. Der Schrecken wich ganz langsam aus ihren Augen und machte Platz für Verwunderung und Neugier. Ihm war, als versuche sie seine Gedanken zu lesen.

Die Aufregung wühlte sich durch seinen Bauch und ergriff schließlich seinen Schoß. Und ohne es zu merken hatte er eine Hand in seine Hose geschoben. Die dünne Decke hatte das nicht verbergen können und sofort war die Panik zurück in ihrem Blick. Schnell drehte sie den Kopf zur Seite. Ein schlechtes Gewissen überkam Herrn B. Er hatte ihr doch nicht zu nahe treten wollen.

Einige Augenblicke lag er so da, seinen halbsteifen Schwanz in der Hand, und fühlte sich Elend. Doch dann drehten sich die dunklen Augen wieder zu ihm hin. Sie hatte die Lippen fest zusammengepresst, so als ob sie allen Mut aufbringen müsste. Es war ihm, als ziterre sie vor Anspannung. Aber sie sah ihn an. In den weit offenen Augen lag eine Frage: Was passiert jetzt? So lagen sie lange da und sahen sich an. Herr B. spürte das Blut pochend in sein Geschlecht strömen. Und er begann, seine Hand langsam auf und ab gleiten zu lassen.

Er konnte nicht erkennen, wohin sie sah, aber sie wirkte angespannt. Nach einer Weile hörte er ein dumpfes, kehliges Seufzen. Jetzt musste er lächeln. Sie erwiderte seinen Blick mit unsicher hochgezogenen Brauen. Schließlich lächelte auch sie. Und jetzt bemerkte er, was ihm bis dahin entgangen war. Es war eher ein schwaches Vibrieren in ihrem Schoß als eine sichtbare Bewegung. Ab und zu konnte er unter dem Stoff einen oder zwei Finger erahnen, die Zitterns zwischen ihren Beinen lagen. So lagen sie da, sahen sich ganz ruhig in die Augen und Herr B. genoss den Augenblick. Ein paar Mal schloss sie die Augen, ihr Körper spannte sich und als die Spannung wieder wich lächelte sie ihn an. Es war ein sehr zufriedenes, strahlendes Lächeln.

Irgendwann kam auch er in ein schnell bereitgelegtes Taschentuch. Und während sein Höhepunkt noch durch seinen Körper zuckte, bäumte sie sich auf, sah ihn mit weit aufgerissenen Augen am und keuchte etwas in dieser Sprache, die er nicht verstand, und sank lächelnd wieder zurück. Scheinbar war sie eingeschlafen, bevor ihr Kopf den Boden berührt hatte. Herr B. sah sie noch eine Weile an. Es war ein seltsamer, entspannter, intensiver Moment gewesen. Schließlich fielen auch seine Augen zu.

Eine Computerstimme aus den Lautsprechern weckte ihn: "Passengers booked to Frankfurt..." - sein Flug ging. Er stand auf und strich seine Kleidung glatt. Die jungen Frauen schliefen. Wenige Stunden später nahm er seine Frau in den Arm. Und er war froh, über sein Leben, so wie es war.

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Kommentare

  • gwunderi
    gwunderi am 30.08.2010, 15:33:59
    wirklich gut geschrieben.
  • Andy1219
    Andy1219 am 22.07.2010, 20:27:15
    toll geschrieben, super
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