Story: Die Tür [Teil 4]

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von (gelöschter User) am 18.4.2005, 20:33:46 in Extrem & Bizarr

Die Tür [Teil 4]

Amir hockte am gegenüberliegenden Seeufer hinter einem Gebüsch versteckt und beobachtet Désiré durch einen Feldstecher. Geduldig wartete er den Moment ab, an dem sich ihre Panik ein wenig zu legen schien. Er legte die restlichen Teile der Taucherausrüstung an und ließ sich vorsichtig ohne Geräusch ins Wasser gleiten. Langsam glitt er durch das trübe Wasser des Waldsees. Immer wieder kontrollierte er den Kompaß an seinem Handgelenk, um die Richtung nicht zu verfehlen. Im fahlen Licht der Taschenlampe war schon bald das ansteigende Ufer zu erkennen. Zischend und blubbernd tauchte er auf. Désirés Augen weiteten sich vor Entsetzten. Dem See entstieg ein Froschmann in voller Montur. An Land gekommen, streifte er die Flossen ab und kam immer näher. Die geöffnete Kofferraumhaube versperrte ihr die Sicht nach hinten, um das Rumpeln und Rumoren dort zu identifizieren. Anscheinend verstaute der Taucher seine Ausrüstung. Quietschend stieg er ein und nahm auf dem Fahrersitz Platz. Die Kapuze hatte er zurückgeklappt, ansonsten trug er immer noch den Taucheranzug. Blonde Wuschelhaare und ein dichter Vollbart ließen kaum etwas von seinem Gesicht erkennen, den Rest machte eine verspiegelte Sonnenbrille unkenntlich.

Mit durchdrehenden Reifen fuhr er schlingernd an, Désiré taumelte hilflos im Gurt. Genau so abrupt hielt er nach einer kurzen Strecke auf dem Waldweg an. Der Motor starb ab. Wahrscheinlich war ihr Herz mindestens so laut wie vorher der Motor zu hören, denn der Fremde stieg jetzt aus, öffnete die Hintertür auf der Fahrerseite und zückte das Tauchermesser. Erst im letzten Moment schien er sich eines Besseren zu besinnen; er durchtrennte den Gurt um Désirés Becken nicht. Polternd krachte das Messer aufs Autodach, wo es griffbereit liegen blieb. Er löste ihren Beckengurt und zerrte sie grob aus dem Wagen. Mit einer behutsamen Geste, die Désiré so nicht erwartet hatte, streifte er ihr die Kapuze vom Kopf und löste das Schaltuch um ihren Kopf. Ebenso rücksichtsvoll, aber trotzdem energisch verband er ihr die Augen. Voll Dankbarkeit spuckte Désiré das triefnasse, aufgequollene Taschentuch aus, als der Froschmann das Knebeltuch losband. Obwohl der Knebel sie nicht mehr am Reden oder Fragen hinderte, schwieg sie. Nur langsam verlor sich der Geschmack des feuchten Tuches und die Zunge fuhr im Mund herum, um ihn anzufeuchten. Sie schluckte noch ein paar Mal, räusperte sich und setzte zum Fragen an. Ein Finger des Tauchers legte sich auf ihre Lippen. Désiré spürte das rauhe Material des Handschuhs und verstand.

Wenige Augenblicke später bewegte Désiré ihre befreiten Finger, die durch die Zwangshaltung in den Ledersäckchen etwas verspannt waren, aber frei war sie deswegen trotzdem nicht. Ihre Handfesseln hatte der Fremde gegen Metallhandschellen, die ihre Hände auf dem Rücken hielten, ausgetauscht. Wenigstens konnte sie jetzt auch die Arme bewegen, da auch der Gürtel nicht mehr ihre Taille umspannte. Zu ihrer Verwunderung löste der Taucher auch die Fesseln von den Füßen. So befreit, fiel es ihr bedeutend leichter, mit seiner Unterstützung wieder auf die Rückbank des Wagens zu klettern. Wieder rumorte es eine Weile im Kofferraum, bis der Wagen losfuhr.

Erleichtert atmete Amir auf. Der Neoprenanzug war außerhalb des Wasser doch etwas warm. Die Perücke und der angeklebte falsche Bart hatten ihr Zusätzliches getan, um ihn in Wärme zu versetzen. Gut, daß er das alles los war. Das After Shave, das er sich nach dem Entfernen des Bartes kräftig im Gesicht verteilt hatte, um seinen eigenen Duft zu tarnen, hatte ihn erfrischt. Grinsend beobachtete er Désiré im Rückspiegel. Wahrscheinlich hatte sie immer noch keine Ahnung. Den Geräuschen nach mußte es ein Parkhaus oder eine Tiefgarage sein, in der das Auto nach einiger Zeit zum Stillstand kam. Désiré lauschte angestrengt, um sich zu orientieren. Aber es gab keine Anhaltspunkte, die ihr etwas Näheres verraten hätten. Jemand packte sie am Arm und zog sie aus dem Auto, tastend blieb sie neben dem Wagen stehen. Die Tür klappte zu und Désiré folgte notgedrungen dem Zug an ihrem Arm. Anscheinend war es immer noch der selbe Begleiter, denn sein billiges After Shave war nicht zu überriechen. Offensichtlich benutzte er es literweise, denn er verbreitete eine solche Wolke um sich, daß er jeden anderen Geruch damit übertönte. Ruckend fuhr der Fahrstuhl an, Désiré taumelte etwas, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Jeder ihrer Schritte hallte auf einem endlosen Gang, bis plötzlich anscheinend ein Teppich den Schall schluckte. Désiré blieb stehen. Zu ihrer Verwunderung sprangen die Handschellen auf, verstohlen begann sie die Handgelenke zu massieren. Sie schnupperte. Das aufdringliche After Shave lag nur noch dezent in der Luft, der Entführer mußte sich entfernt haben. Trotzdem traute sie sich vorerst zu keiner Bewegung. So stand sie eine Weile mit hängenden Armen und horchte angestrengt.

Nur undeutlich und aus weiter Ferne drangen Geräusche an ihr Ohr. Eine leichte Nervosität stieg in ihr auf. Je mehr sie versuchte zu erkennen, was hier vor sich ging, desto seltsamer kam ihr alles vor. Mit verbundenen Augen irgendwo zu stehen, und nicht zu wissen, was vor sich ging. Désiré wurde immer unruhiger. Ihre Gedanken überschlugen sich. Wo war sie? Beobachtete sie jemand? Probehalber hob sie den rechten Arm in Richtung Augenbinde an. Nichts geschah. Zögerlich schwebte der Arm in der Luft. Endlich gab sie sich einen Ruck und riß die Augenbinde herunter. Grelles Licht ließ sie krampfhaft die Augen zukneifen, und im selben Moment ging ein unbeschreibliches Getöse los. Tröten, Rasseln und Gebrüll mischten sich zu einem ohrenbetäubenden Lärm. Irritiert blinzelte Désiré vorsichtig durch die Augenschlitze. Vor ihr stand eine Meute Bekannter und Freunde, die sie hochleben ließen. Désiré lief augenblicklich rot an wie eine Tomate. Sie hatte zum ersten Mal in ihrem Leben den eigenen Geburtstag vergessen. Amir hatte hinter ihrem Rücken eine Überraschungsparty organisiert und das ganze Theater mit dem Spaziergang und der scheinbaren Entführung inszeniert, um den Gästen Zeit für die Vorbereitung der Party zu verschaffen. Sie wirbelte zu ihm herum. Grinsend stand er mit verschränkten Armen im Türrahmen und hob die Augenbrauen. Désirés Röte vertiefte sich um einige Grade. Sie stand wieder einmal an der Stelle, an der sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Sie flog in seine Arme und klammerte sich um seinen Hals. Eine Spur des billigen After Shave strömte von ihm aus. "Du Schuft!" gurrte sie in sein Ohr. Er lachte schelmisch. Freudestrahlend stürzte Désiré sich in das Getümmel ihrer Geburtstagsfeier.

Warum nur nutzte Amir jede sich bietende Gelegenheit, immer alles so wörtlich nehmen? Es war so ähnlich wie damals, als sie ihm gesagt hatte, er solle doch nicht immer nur rumsitzen und Gitarre spielen. Und hatte ihm einen Gutschein für einen Kursus an der Volkshochschule geschenkt. Amir hatte ausgerechnet einen Kurs für Kunstschmiedearbeiten belegt und Désiré hatte scherzhaft gefragt, ob er dort etwas für sie schmieden wolle. Verdächtigerweise schwieg er anstatt einer Antwort fast geistesabwesend. Als er sein "Gesellenstück" mit nach Hause brachte, hatte Désiré Gelegenheit genug, sich über ihr Geschenk zu ärgern. Geheimnisvoll in eine Decke gehüllt, lag es eines Sonntagmorgen da. Und als sie es unbedingt sehen wollte, war er aufgestanden, umarmte sie, gab ihr einen Kuß, beugt sich nach unten, ergriff mit einer raschen Bewegung den Saum ihres knöchellangen Kleides und stülpte es einfach wie einen Beutel nach oben über ihr zusammen. Über ihrem Kopf zusammengebunden, konnte sie weder etwas sehen, noch ihre Arme frei bewegen, die sie dummerweise in einer Abwehrbewegung nach oben gestreckt hatte. Er machte sich erst gar nicht die Mühe, ihr den Slip herunter zu streifen, er schnitt ihn kurzerhand mit dem Taschenmesser auf, um ihn zu entfernen. Das Gefühl von eiskaltem Metall in ihren Schritt und um die Taille ließ sie erschauern und frieren, als er sich an ihr zu schaffen machte. Zusätzlich spürte sie bald einen harten Druck um die Taille und zwischen den Beinen. Als er das Kleid wieder entknotete und in die ursprüngliche Lage fallen ließ, war der erste Kälteschock vergangen, reflexartig griff sie aber durch den Stoff an die betreffenden Stellen, sein selbstgefälliges Grinsen dabei ignorierend. Sie konnte durch den Stoff ein etwa vier Zentimeter breites, hartes Etwas, das ihre Taille umschloß, ertasten. Es schien sich zwischen ihren Beinen hindurch von vorne nach hinten fortzusetzen. Er schob Désiré vor sich her, bis sie vor dem Ankleidespiegel stand. Die ganze Zeit hielten ihre Hände das Etwas fest. Erst nach einer Weile faßte sie den Mut loszulassen. Die langen Haare fielen ihr ins Gesicht, als sie vornübergebeugt nun ihrerseits den Kleidersaum faßte. Beim Aufrichten hielt sie die Augen fast angstvoll geschlossen, nur langsam öffnete sie die Augen, als sie wieder aufrecht stand. Noch konnte sie nichts erkennen. Zentimeter um Zentimeter schürzte sie den Rock, bis ihr Blick das Etwas voll traf und erstarrte.

Ein wirklich kunstvoll verarbeiteter Keuschheitsgürtel aus Metall blinkte ihr entgegen. Ihr Kopf wirbelte herum. Immer noch grinsend, ließ er am ausgestreckten Zeigefinger einen Schlüssel baumeln. Sie griff sofort danach, aber Amir war schneller. Der Schüssel verschwand wie von Zauberhand in seiner geschlossenen Faust. Sie stürzte sich auf die Faust und versuchte, ihm den Schlüssel zu entwinden. Er schnalzte nur mit der Zunge und schüttelte verneinend den Kopf. Der Schlüssel verschwand in der Hosentasche und damit ihre Hoffnung, an den Schlüssel zu gelangen. Beschimpfungen, wütendes Aufstampfen mit dem Fuß führt sowenig zur Herausgabe, wie Flehen. Als die Tränen flossen, gab er ihr zwar sein Taschentuch, aber nicht den ersehnten Schlüssel. Es blieb nicht anderes übrig, sie mußte sich in ihr Schicksal fügen. Begeisterung sprach aus seinen Gesten und Worten, als er erneut den Blick auf den Keuschheitsgürtel freimachte und ihr erklärte, welche handwerklichen Techniken er bei der Herstellung erlernt hatte. Sie konnte in diesem Moment seine Begeisterung nicht teilen. Im Gegenteil beschloß sie in diesem Moment, nie wieder so leichtfertig ein Geschenk zu machen. Was aber nicht lange vorhielt. Denn das Gefühl, in diesem Gürtel eingeschlossen zu sein und ihn nicht aus eigener Kraft wieder entfernen zu können, war gleichzeitig auch erregend. Oder lag es an der harten Metallplatte, die ihr gesamtes Geschlecht wie der Griff seiner Hand umschloß?

Sie dreht sich unvermittelt zu ihm um und umschlang Amir. Gleichzeitig versuchte sie, sich mit der harten Platte vor ihrem Geschlecht an Amirs Oberschenkel zu reiben. Die Konstruktion erwies sich als teuflisch. Wohl verstärkte sie mit dem Reiben den Druck in der Leiste und im Schritt, aber an den entscheidenden Stellen stand die Platte gewölbt über dem Fleisch. Wie durch einen festen Panzer, waren die entscheidenden Stellen vor jeder Druckübertragung geschützt. Immer noch küßte sie ihn wild, nur noch mit einem Arm umschlungen. Mit dem anderen angelte sie nach dem Kleidersaum. Désiré erwischte ihn irgendwie und stopfte ihn in den Teil des Gürtels, der ihre Taille umschloß. Mit der freien Hand griff sie an den Panzer über ihrem Geschlecht und versuchte so zum Erfolg zu kommen. Da es sich als zwecklos erwies, versuchte sie ihre tastenden Fingern in die Lücke zwischen Haut und Gürtel zu mogeln. Unbarmherzig wehrte der Panzer über ihrem Geschlecht auch diesen Angriff ab. In Aufruhr tasteten ihre Finger weiter, selbst der Schlitz in der Mitte, der es ihr später erlauben würde, Wasser zu lassen, ohne den Gürtel zu entfernen, erwies sich als einbruchssicher. Mit einem frustrierten Stöhnen sank sie vor Amir nieder, bis sie vor ihm kniete. Mit den Armen umschlang sie seine Knie, rieb ihr Gesicht an seinen Schenkeln und blickte ihn schließlich aus dieser Stellung flehentlich an.

Mit einer Hand griff unter ihr Kinn und streichelte sie, als er lächelnd den Kopf verneinend schüttelte. Betäubt blieb sie vor dem Spiegel hocken, als er den Raum verließ. Das erneute Aufsteigen der Erregung brachte sie ins Leben zurück. Sie stand auf, um sich im Spiegel zu betrachten. Ausgiebig inspizierte sie das Kunstwerk und begann einen Durchschlupf zu suchen. Es saß wie angegossen und gab keine Lücke preis. Der ohnehin enge Schlitz vorne war zusätzlich durch eine Art Gitter, wie ein feines aber festes Teesieb, so gesichert, daß kein Durchkommen möglich war. Die Unmöglichkeit, zu einer Befriedigung zu gelangen, trieb Désiré fast in den Wahnsinn. Für den Rest des Tages war sie kaum eines vernünftigen Gedankens fähig, immer wieder ertappte sie sich dabei, daß sie an dem Gürtel fingerte. Wie ein ausgehungertes Tier stürzte sie sich auf ihn, als er ihr am Abend im Bett den Gürtel abnahm.

Es war eigentlich nur logisch, daß sie Gürtel bald darauf an einigen der Tage trug, an denen Amir ihre Bekleidung festlegte. Ihre Arbeitsleistung an diesen Tagen sank deutlich ab. Unvorhersehbar und immer überraschend legte er ihr aber auch sonst gelegentlich den Gürtel an. Mal, wenn sie zum Essen gingen. Dann wieder zur Arbeit. Eimal trug sie ihn sogar voller Verzweiflung eine Woche lang ununterbrochen. Sie hatte sich frei genommen, um für ein paar Tage Amir bei einer Tournee mit der Band zu begleiten und ihm nahe zu sein. "Rockmusiker sind wild auf Frauen, daß weiß man doch!" blödelte er rum, "Ständig wird alles vernascht, was auch nur entfernt nach Weib aussieht. Damit du in dieser Horde von wilden Tieren und Barbaren sicher bist, lege ich dir besser einen Sicherheitsgurt an!" Désiré fand das nicht witzig, fügte sich aber. Da das Metall nicht mehr direkt auf der Haut anlag, sondern inzwischen innen eine Polsterschicht aus weichem Kunststoff aufwies, hielt sich das Scheuern auf der Haut in Grenzen. Sie war kaum wund, zumal Amir intensiv Hautpflege an ihr betrieb. Allerdings war sie am Ende der Woche kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Zum Einem wegen der Anstrengung mit einer Rockband auf Tour zu sein. Allein das hätte für zwei Krisen gereicht. Vor allem aber wegen der einwöchigen erzwungenen Abstinenz. Sie hatte ihn zwar ein paar Mal oral befriedigen müssen, selber aber keine Chance erhalten. In seiner Gegenwart saß sie heulend auf dem Bett im Hotelzimmer und trommelt verzweifelt auf dem verfluchten Gürtel ein. Amir grinste frech. Sie rutschte auf den Boden und kroch zu ihm hinüber. "Bitte...!" Diesmal fiel es ihr leicht, seine Füße zu küssen. Amir hob sie an und sah sie ernst an. "Tut mir leid. Ne, eigentlich nicht wirklich. Ich find's toll. Aber selbst wenn ich wollte...", er stockte und lächelte liebevoll. "...ich hab den Schüssel nicht!" Das Blut toste in ihren Ohren. Hatte sie richtig gehört? Sie schien ihn mit Blicken aufzufressen: "Was soll das heißen? Du hast den Schlüssel nicht. Wo ist er?" Er zuckte mit den Schultern. Die Panik in ihr war kaum noch zu überbieten. "Was ist mit dem Schlüssel? Ist er verloren?" Er schüttelte nur stumm verneinend den Kopf. "Wer hat ihn dann, um Gotteswillen?" Sie wurde lauter. Amir strich ihr beruhigend mit einer Hand über den Kopf. "Du hast ihn." Verständnislos sah sie ihn an. "Ja, stimmt schon. Nicht wirklich. Ich hab ihn in einen Umschlag getan und per Post zu dir nach Hause geschickt. Wenn du heimkommst, findest du ihn im Briefkasten vor, es sei denn, die Post hat ihn verschlampt!"

Désiré sackte in sich zusammen. Für den Rest ihres Aufenthalts bei der Tour schwieg sie fast immer, gefügig senkte sie den Kopf in Amirs Gegenwart und befolgte jeden seiner Wünsche aufs Wort. Als sie abreiste, lobte er sie anerkennend. Ohne Zögern wählte sie für die Heimfahrt zwischen Flug und Bahn. Allein die Vorstellung, bei der Sicherheitskontrolle auf dem Flughafen durch den Metalldetektor marschieren zu müssen, und mit Sicherheit zur Leibesvisitation herausgewunken zu werden, reichte ihr zur Entscheidungsfindung. Amir brachte sie mit dem Taxi zum Bahnhof. Immer kleiner wurde seine Gestalt auf dem Bahnsteig, bis sie ihn aus den Augen verlor. Zu ihrer Erleichterung blieb sie in dem Abteil allein. Sie war eingedöst. Widerwillig öffnete sie die Augen. Der Fahrgast, der grade zustieg, war ihr auf Anhieb unsympathisch. Was zu ihrem Leidwesen andersherum nicht der Fall zu sein schien. Er versuchte erfolglos, Désiré in ein Gespräch zu verwickeln. Eine Bekannte von ihr hatte für diese Art Typen einen Standardausspruch: ein widerlicher Sack! Und der hier ließ auch nicht locker. So langsam wurde er immer zudringlicher und eindeutiger. Jetzt fing er auch noch an, sie zu betatschen! "Sorry, heute geschlossen!" Höhnisch grinsend lüftete Désiré den Rock. Ihrem Gegenüber fielen fast die Augen aus dem Kopf. Wortlos trollte er sich. "Die Fahrkarten bitte!" Désiré schreckte aus ihrem Schlaf hoch. Der Schaffner stand in der Tür. Es dauerte eine Weile, bis sie sich sortiert hatte. Kopfschüttelnd wunderte sie sich über ihren wirren Traum. Amir würde sich zu Tode lachen, wenn sie ihm das erzählte. Erstmal lachte sie selber.

Bei ihrer Rückkehr konnte sie die Spannung fast nicht aushalten. Mit zitternden Fingern und Herzklopfen öffnete sie den Briefkasten. Zu ihrer Erleichterung arbeitete die Post absolut zuverlässig. Den Umschlag mit seiner Schrift erkannte sie sofort. Aufatmend stopfte sie ihn in die Handtasche und ging nach oben in die Wohnung. Erstmal baden. Sie ließ sich ein heißes Bad mit viel Schaum ein, plazierte griffbereit etwas zu trinken neben der Wanne, dämpfte das Licht bis auf eine angezündete Kerze und schob eine CD in den Player. In der Wanne kehrte die Erinnerung an die vergangene Woche zurück. Auf einem Hocker in der Nähe lag lauernd das Monster aus Edelstahl. Je länger sie es betrachtete, desto mehr zog es in ihrem Unterleib. Ein aberwitziger Gedanke bohrte sich in ihr Hirn. Amir war noch eine weitere Woche auf Tour und würde erst am Sonntag in acht Tagen wiederkommen. Ihr Denken wurde immer langsamer, als ob sie sich vor dem Zuendedenken schützen wolle. Ruckartig stand sie auf. So tropfnaß wie sie war, ging sie die paar Schritte zu dem Hocker. Die Kälte des Metall war auf ihrer erwärmten Haut wie ein Schock. Schnell glitt sie ins Wasser zurück. In wenigen Augenblicken nahm der Edelstahl die Temperatur des Wasser auf und erwärmte sich. Sie warf später nur einen Bademantel über und ging ins Arbeitszimmer. Ein Tesastreifen hielt den Schlüssel auf einer Karte fest, nur drei Worte hatte sie auf die Karte geschrieben, darunter ihr Name. "Ich gehöre Ihnen". Die Karte verschwand im Kuvert. Sorgfältige klebte sie es zu. Inzwischen war die Haut auch unter den Keuschheitsgürtel trocken, hastig kleidete sie sich an. Kurze Zeit später lag der Brief im Postkasten. Die Plattenfirma würde ihn sicher nachsenden.

Schon am Donnerstag klingelte das Telefon. Die Verbindung war undeutlich, schließlich lagen weit über 1000 Kilometer zwischen ihnen. Désiré versank fast im Boden, als sie seine Stimme erkannte. Ein Mitarbeiter der Plattenfirma hatte noch einiges mit der Band zu besprechen gehabt, und dabei den Brief persönlich überbracht. Sie brach in Schluchzen aus, als Amir erzählte, daß er seit dieser Zeit den Schlüssel ununterbrochen an einer Kette um den Hals trage. Glücklich ging sie zu Bett. Die Zeit bis zu seiner Wiederkehr verlebte sie in einem eigentümlichen Zustand. Trotz der unterschwellig stets präsenten Erregung, kam ein bisher unbekanntes Empfinden zu Ausdruck. Désiré glaubte jetzt zu wissen, was Amir unter Ergebenheit verstand. Das Gefühl hielt auch nach seiner Rückkehr und ihrer Befreiung an, nur nicht mehr so deutlich. Sie redete mit Amir darüber. Er hörte zu und nickte bestätigend. In der Folgezeit gab er ihr wie versprochen in unregelmäßigen Abständen die Gelegenheit, die Erfahrung zu vertiefen. So trug sie den Keuschheitsgürtel auch auf einer Feier, zu der Freunde von Désiré eingeladen hatten. Dort hatte Désiré sich in etwas hineingeritten, was so nicht geplant war. Dabei fing alles relativ harmlos an.

Auf der Party kam das Gespräch über einen Ritterfilm auf Keuschheitsgürtel. Schon bei der Erwähnung bekam sie heiße Ohren und meinte, vor Scham im Boden versinken zu müssen. Erleichtert stellte sie fest, daß sie nicht persönlich gemeint war und beteiligte sich nun keck an der Diskussion. Verstohlen warf sie Amir immer wieder Blicke zu, aber er schwieg die ganze Zeit. Nur einmal, sie hatte behauptet, daß es unter den Anwesenden wohl sicher keine echten Ritter mehr gäbe, die den Mut hätten, gefangene Jungfrauen vor Drachen retten, hatte er gefragt, ob das ihre wirkliche Ansicht sei. Mit aller Vehemenz hatte sie zugestimmt und dabei einen Lacherfolg geerntet. Sein Schweigen hätte sie eigentlich warnen müssen.

Ein paar Wochen später hatte er an einem wunderschönen Wochenende eine Wandertour im nahegelegenen Erholungsgebiet vorgeschlagen. Begeistert hatte sie zugestimmt. Die Rucksäcke waren schnell gepackt und es ging früh los. Bald hatten sie die Zone verlassen, in der viele Spaziergänger anzutreffen sind, und um die Mittagszeit waren sie über ein paar schmale Trampelpfade auf eine einsame und menschenleere Lichtung gelangt. Nachdem sie etwas gegessen und getrunken hatten, legte sie sich nackend auf eine Decke in die Sonne, Amir machte sich daran, das mitgebrachte Zelt aufzubauen. Kurz darauf war sie eingeschlafen, die Bewegung an der Luft und das Essen hatten sie müde gemacht. Benommen und schlaftrunken fuhr sie hoch, es dauerte eine Weile, bis sie vollends wach wurde, dafür aber um so heftiger. Sie wollte sich wehren, schreien, etwas sehen. Nicht von alledem gelang. Ihre Hände waren bewegungsunfähig hinter dem Rücken gefesselt, die Augen verbunden und ein Knebel wurde gerade in ihren Mund gestopft und erstickte ihre Schreie. Die strampelnden Beine wurden gegen ihren Widerstand durch Stricke um Knie und Knöchel gebändigt. Man hob sie hoch und trug sie wie einen über die Schulter geworfenen Sack fort, um sie in einiger Entfernung aufrecht an einen Baum zu stellen. Man löste ihre Hände nur, um sie rückwärts nach hinten um einen Baumstamm zu ziehen und wieder zu verknoten. Die Rinde drückte sich in ihren Rücken und scheuerte bei jeder Bewegung. Weitere Stricken wurden um ihren Körper und den Baum geschlungen, so daß sie am Ende vollkommen bewegungsunfähig, ein Teil des Baumes geworden zu sein schien.

Désiré schwankte zwischen Erleichterung und Entsetzen, als er leise in ihr Ohr sprach. Beruhigt, weil er es war, der sie so jäh aus dem Schlaf gerissen hatte, aber seine Mitteilung lähmte sie vor Entsetzen. Er würde jetzt weggehen, sie könne in der Zwischenzeit auf einen Ritter warten, der sich auf die Befreiung gefangener Jungfrauen verstünde. "Aber vielleicht kommt ja auch ein Drache vorbei? Oder ein Spaziergänger, der sich die günstige Gelegenheit nicht entgehen läßt?" Schlagartig fiel ihr der bewußte Abend ein, sie wollte sich entschuldigen, ihn bitten, es nicht so wörtlich zu nehmen. Der Knebel ließ nur ein undeutliches Gemurmel nach außen dringen. Sie hörte mit steigender Angst, wie er sich zügig entfernte. Sie schrie in den Knebel und schüttelt in wilder Panik mit dem Kopf und versuchte vergeblich sich in den Fesseln aufzubäumen. Heiße Tränen durchnäßten die Augenbinde. Bald war sie allein, nur das Geräusch summender Insekten war noch zu hören. Gelegentlich knackte irgendwo ein Ast. Sie wäre vor Schreck jedesmal zusammengezuckt, wenn sie sich hätte bewegen können. Immer wieder stieg die bange Hoffnung in ihr auf, seine näherkommenden Schritte zu hören. Genauso oft wurde sie enttäuscht.

Mit der Zeit wurde ihre Lage immer unbequemer. Die Rinde des Baumes bohrte sich in ihre Rückseite, die Stricke scheuerten. Jucken und Kribbeln durch gelegentlich auf ihr krabbelnder Insekten quälten sie ebenso wie der Schweiß, der zwischen ihren Beinen brannte. Wie lange sie zwischen Wut, Panik und Verzweiflung schwankte, konnte sie nicht sagen, jedes Zeitgefühl war ihr verloren. Längst hatte sie aufgehört, mit dem Kopf hin und her zu pendeln, das Einzige außer ihren Fingern, was sie noch bewegen konnte. Langsam war der Kopf nach vorne gesunken und ein seltsames Gefühl der Ruhe und des Friedens bemächtigte sich ihrer. Ihre Gedanken kreisten jetzt um ihn, bei dem Gedanken an seine Rückkehr wurde ihr innerlich ganz warm. Ihn spüren und berühren dürfen, bei diesem Gedanken stieg Erregung in ihr auf. Eine neue Unbequemlichkeit, gepaart mit ungeheurer Lust, trat in ihr auf. Die Brustwarzen standen steif aufrecht, in ihren Geschlecht pochte und zuckte es. Das Brennen zwischen ihren Beinen steigerte sich in Unerträgliche. Sie versuchte sich in ihren Fesseln zu winden, sich Erleichterung zu verschaffen. Mitten in dieser Erregung erschrak sie zu Tode. Kitzelnd fuhr etwas über ihre Brüste, den Bauch, die Oberschenkel und den Hals. Sie versuchte eine hilflose Abwehrbewegung, es ließ sich nicht abschütteln. Was es ein Tier, das so seltsam über sie hinwegkrabbelte?

Aufschluchzend wollte sie sich in seine Arme werfen, als sie seine Stimme ihre Bemühungen kommentieren hörte. Amir hatte sich angeschlichen und fuhr jetzt mit einer gefundenen Feder über ihren Körper. Er löste die Stricke um Körper und Beine, nur noch ihre gefesselten Hände hielten sie am Baum fest. Sie warf sich der suchenden und wandernden Feder förmlich entgegen, versuchte sie an die besonders empfindlichen Stellen zu locken. Er wich immer wieder aus und spielt mit ihr. Kurz hielt er inne, um den Knebel zu entfernen, er wollte ihr Stöhnen und Flehen hören. Bevor sie meinte zu platzen, trat er dicht an sie heran, preßte sie an den Baum, und durchschnitt die Handfesseln. Immer noch blind, sie warf sich ihm förmlich entgegen, er riß sie im Fallen mit. Sie wälzten sich wild im weichen Gras, bis er sich auf sie legte und sie nahm. Als die Sonne langsam untergegangen war, saßen sie aneinander gekuschelt vor dem Zelt und genossen den Ausblick auf den Sternenhimmel. Désiré lehnte den Kopf an seine Schulter und seufzte tief. Er küßte ihr auf die Stirn, als sie flüsterte: "Vielen Dank für die Rettung, edler Ritter!" Langsam sanken sie nach hinten über.

Mit einem leichten Gefühl der gespannten Erwartung betrachte Amir immer wieder Désiré. Wie so oft beim Autofahren saß sie halbliegend auf dem Beifahrersitz und schlief. Der Mund war leicht geöffnet und ihr Gesicht vollkommen entspannt, gleichmäßig und tief ging ihr Atem. Ihr Kopf pendelte manchmal bei schnellen Fahrtbewegungen leicht mit, sank aber unaufhaltsam tiefer auf die Brust. Amir hatte ihr nur mitgeteilt, daß sie über das Wochenende gemeinsam fortfahren würden. Sie wußte auch wohin, aber was sie dort wirklich erwartete, hatte er verschwiegen. Knirschend rollte der Wagen über den Kies einer breiten Auffahrt und blieb schließlich stehen. Langsam erwachte Désiré. Sie rekelte sich, machte ein paar Kaubewegungen, um den Mund wieder anzufeuchten und blickte verstört um sich. Die Tür auf ihrer Seite wurde von einem leibhaftigen Diener in Livree aufgerissen. Wartend blieb sie neben Amir am Fuß der Freitreppe stehen, bis der Diener mit den Gepäckstücken die Treppe hinauf voraneilte. Manchmal wunderte sie sich wirklich, was für Leute Amir kannte. Sie war tatsächlich in einem echten gräflichen Schloß gelandet. Entgegen ihrer Vorstellung entpuppte sich der Graf als ganz normaler Mensch, der Amir beim Wiedersehen freudestrahlend umarmte. Der Handkuß, mit dem Graf sie begrüßte, entsprach schon mehr dem Klischee.

Angewurzelt blieb Désiré auf der Türschwelle stehen, nachdem sie den beiden Männern quer durch die Halle bis zum Speisesaal gefolgt war. Der Anblick, der sich ihr bot, war schlichtweg überwältigend. Mit allem Möglichen hatte sie gerechnet, aber sich einer bunt gemischten Schar Leute gegenüber zusehen, die direkt dem Mittelalter entsprungen schienen, überstieg ihre Phantasie. Amir bemerkte ihr Zögern und zog sie einfach mit sich ins Gewühl. Sie konnte sich gar nicht satt sehen an den bunten und zum Teil prächtigen Kostümen. Er schleifte sie ans Büfett und begann seinen Teller vollzuladen. Désiré konnte ihre Neugier jetzt nicht mehr bremsen und bestürmte ihn mit Fragen. Sie konnte ihre Aufmerksamkeit jetzt nicht dem Essen zuwenden, so folgte sie Amir ohne Teller. Gleichzeitig kauend beantwortete er ihre brennensten Fragen. Und so erfuhr sie Stück für Stück, daß Graf Siegbert Amir eingeladen hatte, an einem Spektakel teilzunehmen, das an diesem Wochenende auf der gräflichen Burg in der Mitte des historischen Städtchens im Rahmen einer Jubiläumsfeier stattfinden würde. Die verkleideten Gäste waren Teilnehmer, die jeweils verschiedene Rollen darstellten. Graf Siegbert stieß zu ihnen und erklärte Désiré, wer aus der Gesellschaft wen darstelle.

Am morgigen Samstag würden noch viele weitere Gäste dazustoßen. Der Abend verlief äußerst kurzweilig, einige der Gäste gaben Kostproben ihres Könnens. Da gab es Musiker, Gaukler, Akrobaten und vieles mehr. Und so war es relativ spät geworden, als der Diener ihnen die Zimmer anwies. Désiré bestaunte die prachtvolle Ausstattung ihres Gästezimmers, während Amir sich müde ins Bett plumpsen ließ. Neben dem Bett blieb sie stehen. "Ich könnte mir vorstellen...", gurrte sie verführerisch, und streichelte dabei einen der Pfosten des antiken Himmelbettes, "daß Ihnen dieses Bett ausnehmend gut gefällt!" Mit der zweiten Hand umschlang sie ebenfalls den Pfosten und ließ beide Hände im Zeitlupentempo aufwärts rutschen, bis sie weit über ihrem Kopf erhoben waren. In rhythmischen Bewegungen preßte sie sich an den Pfosten und wand sich daran. Grinsend sah Amir sie an. Désiré schloß die Augen und bewegte sich aufreizend weiter, doch plötzlich warf sie sich in die Mitte des Bettes und streckte Hände und Füße gespreizt in Richtung der Pfosten. Sie wand sich auf dem Bett: "Oder wie wäre es so?" Amir rollte sich auf sie und drückte sie mit seinem Gewicht auf die Unterlage. Désiré öffnete leicht den Mund und hielt die Augen geschlossen. "Haben Sie in der Schublade nachgeschaut, ob da nicht irgendwo ein paar Stricke liegen?" wisperte sie ihm ins Ohr. Amir fiel scherzhaft über sie her und gackernd wälzten sie sich im Bett. So sehr gespielt war ihre Enttäuschung nicht, als Amir bedauernd verneinte und sie aufgefordert hatte, zu schlafen. Grübelnd lag sie noch eine Weile wach neben ihm, nachdem er schnell eingeschlafen war. Immer wieder versuchte sie seine dunklen Andeutungen zu enträtseln; daß ihr ein sehr anstrengendes Wochenende bevorstehe; sie sicher noch wünschen würde, so wie jetzt neben ihm im Bett liegen zu können.

Amir war anscheinend schon lange vor ihr aufgestanden. Sie bummelte genüßlich im Bad und schlenderte dann zum Frühstück auf die Gartenterrasse. Kopfverrenkend versuchte sie Amir in dem Getümmel zu entdecken. Plötzlich schlug ihr Herz bis zum Hals. Von einem der Tische winkte ein phantastisch ausstaffierter Araber herüber. Es war Amir. Und er sah einfach hinreißend aus. Sie kannte einige Fotos, die ihn in traditioneller arabischer Tracht zeigten, und die sie jedesmal faszinierten. Zu ihrem Bedauern trug er so was nie in ihrer Gegenwart, schließlich sei er nur zur Hälfte Araber, stellte er sachlich fest. Désiré bestürmte ihn erneut mit Fragen. Ja, er würde jedenfalls Siegberts Bitte entsprechend als Sarazene auftreten. "Und ich als deine Haremssklavin?" Désiré kicherte. Amir verzog das Gesicht zu einer Grimasse und brummte ausweichend. Désiré begann zu maulen. Ob er denn nicht auch an sie gedacht hätte; und sie hätte ja vielleicht auch eine Rolle spielen mögen; und was sollte sie jetzt den ganzen Tag machen, während er sich amüsiere? Amir zog die Augenbrauen hoch: "Ist das dein Ernst oder bloß ein kleines - sieh mal, was ich jetzt für schlechte Laune habe - Spiel?" Désiré gab die Entrüstete: "Natürlich ist das mein Ernst! Aber so kurzfristig ist das ja wohl nicht mehr möglich." Amir fragte noch mal nach; wieder bekräftigte Désiré ihre Aussage, daß sie mitmachen wolle. "Egal als was?" Amir sah sie lauernd an. "Ich würde jede Rolle annehmen, den Spaß ließe ich mir doch nicht entgehen."

Während der Fortsetzung des Frühstücks krochen Bedenken in ihr hoch. Daß Amir so schnell einlenkte und ihr versprach, eine Rolle zu besorgen, ließ sie nachdenklich werden. Aber sie zerstreute ihre Bedenken und begann lustig mit den Tischnachbarn zu plaudern. Amir war aufgestanden und zu Graf Siegbert gegangen. Angeregt unterhielten sich die beiden, dann kam Amir lächelnd zurück an den Tisch zu Désiré. "Alles klar! Komm mit aufs Zimmer, wir haben was gefunden." Désiré war nicht besonders begeistert, als sie wenig später in den Ankleidespiegel sah. Graf Siegbert flippte schier aus, Amir grinste an der Grenze zum Hohn. Aschenputtel. Das war das Erste, was ihr einfiel, als Amir ihr das Kostüm reichte. Es bestand aus einem einzigen Bekleidungsstück. Enttäuscht wendete sie das Kleid hin und her. "Ist das alles?" fragte Désiré sicherheitshalber noch mal nach. Stumm und bestimmt nickte Amir. Ein grobes, ungefärbtes Leinenkleid, das kunstvoll an einigen Stellen zerfetzt war. Sonst nichts; keine Schuhe, kein Schmuck, keine Unterwäsche. "Die kannte man im Mittelalter nicht so!" lautete der eilfertige Kommentar von Graf Siegbert, der ins Zimmer getreten war, nachdem Désiré das Kleid endlich übergestreift hatte. "Also, dann bin ich eine Bettlerin?" fragte Désiré in die Runde. Stirnrunzelnd wendete sich Siegbert zu Amir. "Du hast ihr noch nichts gesagt?" Der schüttelte den Kopf. "Äh, Amir fand meinen Vorschlag mehr als passend. Ich wünschte mir..." Siegbert wand sich und druckste herum "Ich wünschte mir eine junge Frau, die der Hexerei bezichtigt wird. Und Amir, ich vertraue da ganz meinem alten Freund, meinte, äh, Sie seien absolut die geeignete Person. Und ...", hilfesuchend wandte er sich zu Amir und brach ab. Der nickte nur, packte Désiré am Oberarm und schleifte sie mit sich. Im Haus war es kein Problem, Amir zu folgen, aber das Laufen mit bloßen Füßen fiel ihr außerhalb des Gebäudes nicht leicht.

Amir schwang sich auf ein Pferd und hob sie vor sich in den Sattel. Routiniert ließ er das Pferd lostraben. Bald hatten sie den Burghügel in der Stadtmitte erreicht und Amir lenkte das Pferd über die Zugbrücke in den Burghof. Vor der Schmiede ließ er sie vom Pferd gleiten . "Warte hier!" Er versorgte das Pferd und kehrte nach einer Weile zurück. Der Burghof war inzwischen gerammelt voll, Menschenmassen schoben sich von einem Stand zum nächsten. Auf ein verstecktes Zeichen von Amir packten zwei Soldaten in Kettenhemden die verdutzte Désiré und schleiften sie zum Amboß in der Schmiede. Videokameras surrten und Fotoapparate klickten. Der Schmied war anscheinend eingeweiht, denn ohne Zögern ging er ans Werk. Jeder der Soldaten hielt einen Arm von Désiré gepackt und drückte ihre Unterarme auf den Amboß, der kräftige Druck auf ihre Schultern preßte sie in die Knie. Im Nu waren ihre Handgelenke von angerosteten, groben Eisenhandschellen umschlossen, da ging ein Stöhnen durch die Zuschauermenge. Mit rotglühenden Bolzen vernietete der Schmied die seitlichen Verschlüsse, Désiré spürte, wie die Schellen sich erwärmten. Dann stieg zischend weißer Dampf auf, der Schmied goß aus einer Schöpfkelle Wasser zum Abkühlen auf die Nietstellen. Applaus brandete auf. Brutal rissen die Soldaten Désiré nach vorne, so daß sie nun mit ihrer rechten Körperhälfte seitlich neben dem Amboß kniete. Einer griff ihre langen Haare, um dem Schmied Platz für das Anlegen eines Halseisens zu schaffen. Ihr rechtes Ohr klingelte nach dem Anschmieden des Eisen noch längere Zeit nach, aber ihr blieb keine Zeit, sich mit dem fast tauben Ohr zu beschäftigen. Rücksichtslos stieß einer der Soldaten sie auf den Rücken, der Fall wurde durch eine Lage Stroh nur schwach gemildert. Fast im selben Moment rissen beide Désirés Füße auf den Amboß. Reflexartig schnellten ihre gefesselten Hände in den Schoß, schamhaft versuchte sie mit dem Kleid die Sicht zwischen ihre Beine zu bedecken. Ihr stiegen die Tränen in die Augen, fassungslos starrte sie auf ihre Füße herunter, als sie wieder aufrecht stand. Aber es schien immer noch nicht vorbei. Wieder preßten die Soldaten Désiré in die Knie und drückten sie nach vorne an den Amboß. Sie schloß entsetzt die Augen und bog den Kopf soweit zurück, wie sie konnte. Der Geruch des glühenden Eisens kitzelte sie in der Nase, dann zischte es wieder laut. Als sie es wagte, die Augen wieder zu öffnen, sah sie vor sich eine schwere Eisenkette herunterbaumeln, die an einen Ring an der Vorderseite des Halseisen angeschmiedet worden war.

Man stellte sie aufrecht hin, einer der Soldaten hielt das freie Ende der Kette in der Hand. Alle drei Männer verbeugten sich, die Zuschauer johlten und klatschten. Die Kette wurde mit einem vorsintflutlichen Schloß an einem Ring befestigt, der eigentlich wohl dazu diente, Pferde anzubinden, die beschlagen werden sollten. Die drei Männer hockten sich in einiger Entfernung um ein Faß und fingen an, Karten zu spielen. Der vollkommen verstörten und immer noch fassungslosen Désiré schenkten sie keine Beachtung mehr. Langsam verlief sich der Pulk der Zuschauer, doch der eine oder andere trat näher an die angekettete Désiré, um sie zu betrachten. Sie fühlte sich unwirklich, wie eine Romanfigur, dachte sie. Das letzte Kapitel aus der "Geschichte der O" stand schlagartig vor ihrem Auge. Und als ob die Geschichte plötzlich in die Wirklichkeit gerutscht wäre, trat ein älterer Mann, der eine schüchterne, jüngere Frau an der Hand hielt, dicht vor sie hin. "Na, was meinst du? Soll ich das mit dir auch machen?" Er führte die Hand der Frau, die bei der ersten Berührung des Eisens zurückzuckte, als wäre es noch glühend heiß, über Désirés Handfesseln. Er trat einen Schritt zurück, die Hand der Frau verweilte auf Désiré. Sie sahen sich in die Augen, scheu strich die Frau über Désirés Wange hinab zum Halseisen. Sie beugte sich vor, hauchte ein "Danke" in Désirés Ohr und verließ sie fluchtartig.

Jetzt fehlt nur noch, daß Amir irgendwo steht und mich beobachtet, dachte sie bei sich und ließ ihren Blick suchend wandern. Enttäuscht wollte sie die Suche aufgeben, als ein inneres Gefühl sie nach oben blicken ließ. In einem offenen Erkerfenster weit oben im Turm entdeckte sie ihn, eine Hitzewelle durchströmte sie. Mit verschränkten Armen stand er dort und sah unverwandt herüber. Sie ließ den Kopf sinken, Tränen liefen langsam über ihre Wangen. Sie kauerte sich nieder und trieb in einer Wolke dahin. "Würden Sie bitte aufstehen?" die unerwartete, freundliche Ansprache des Schmieds riß sie aus den Träumereien. Er half ihr auf. "Die Dinger sind auf Dauer echt übel", meinte er mitleidig. "Daher ist es besser, wenn wir Ihre zarte Haut ein wenig schützen, o.k.? Jedenfalls hat Ihr Freund das so angeordnet. Der weiß Bescheid, he?" In der Tat, die Eisen scheuerten, Désiré nickte. Konzentriert umwickelte der Schmied die gefährdeten Partien mit weichem Fensterleder; ein paar Touren dünne Lederschnur, die unter den Eisen beinahe unsichtbar waren, hielten die Polster fest. Dankbar lächelte Désiré ihn an, er lächelte augenzwinkernd zurück. "Da haben Sie mehr Glück als die armen Teufel früher, nach ein paar Stunden waren die aufgescheuert", erklärte er und wandte sich an die Soldaten. "Jetzt gehört sie euch, Jungs!" Zögerlich stand einer der Beiden auf und griff sich die Kette. Der Schmied händigte ihm den riesigen Schlüssel aus. Den Eisenring, an dem Schüssel hing, befestigte er nach dem Losschliessen der Kette am Gürtel. "Komm jetzt!" forderte er den Zweiten auf und zu Désiré gewandt: "Auf mein Täubchen! Du auch, jetzt geht's richtig los."

Er zerrte die stolpernde Désiré achtlos hinter sich her, ohne auf ihren Protest zu achten. Einige Male umkreisten sie den aufgebauten Marktplatz, Désiré hatte dabei keine Gelegenheit, sich irgend etwas anzuschauen. Dafür war sie selbst umsomehr Gegenstand der Neugier. Schon bald folgte ein Schwarm krakeelender Kinder dem seltsamen Umzug. Wo sie auch vorbeikamen, drehten sich die Köpfe zu ihnen um und Getuschel setzte ein. Hilfesuchend hob sie von Zeit zu Zeit den Blick, Amir stand immer noch am Fenster. Endlich kam der Zug zum Halten. Gequält sah sie zu Amir hinauf. Der nickte bedächtig, so ergab sie sich seufzend ihrem Schicksal. Ein Trommelwirbel erscholl, die Massen strömten herbei. Der Büttel verlas das Sündenregister, dann schritt der Profos zur Tat. Mit dem Glockenschlag zur vollen Stunde schloß er Désiré in den Pranger. Sehnsüchtig verfolgte sie das Schleichen des Zeigers der Turmuhr. Eine volle Stunde sollte sie hier in der prallen Mittagshitze stehen. Und das Stehen wurden von Minute zu Minute unbequemer. Mit den Händen, die rechts und linkes neben dem Hals in den Block geschlossen waren, konnte sie gerade nicht mehr ihre Wangen mit den Fingerspitzen berühren. Die Kette zwischen den Handfesseln war straff gespannt, die Schellen drückten. Langsam begannen die Muskeln in Rücken und Armen zu Schmerzen; der grobe Stoff ihres Kleides kratzte auf der Haut. Antrocknender Schweiß fing an zu jucken, Fliegen suchten sich ausgerechnet ihre Nase als Landeplatz aus und in etwa fünf Meter Entfernung stand bedrohlich ein geflochtener Weidenkorb. Ein paar Kinder standen lauernd in seiner Nähe. Ein Junge näherte sich magisch angezogen dem Korb und stand unschlüssig daneben. Prüfend nahm er eine der faulen Tomaten heraus und wog sie in der Hand.

Noch vor dem Aufplatzen des Wurfgeschosses weit neben Désirés Kopf flüchte der Junge zurück in die Gruppe. Das Gegröle wollte kein Ende nehmen, bis sich ein zweiter aus dem Pulk löste und auch sein Glück versuchte. Triumphierend nahm er den Beifall entgegen. Der Saft tropfte langsam von Désirés Stirn über die rechte Gesichtshälfte zu Boden. Jetzt gab es kein Halten mehr, Jungen wie Mädchen beteiligten sich an der Kanonade. Unter anfeuernden Rufen und Beschimpfungen prasselten matschige Tomaten, Eier und Kuchenstücke in Richtung Pranger. Verzweifelt schloß Désiré die Augen, warum griff denn keiner der Eltern dieser mißratenen Sprößlinge ein. Erst das Ausgehen der Munition beendete den Wurfhagel. Einige Kinder strolchten auf der Suche nach Nachschub umher, fanden aber zu Désirés Erleichterung nichts. Fast nichts. Einer der dreisten Knirpse hielt juchzend einen Pferdeapfel in die Höhe. In der Balgerei um das Wurfgeschoß zerbröselte die Kugel und die Kinder stoben auseinander. Zu Désirés Verbitterung waren jetzt plötzlich aus dem Nichts einige Eltern aufgetaucht, die mit Schimpfen die Versammlung auflösten. Endlich schlug die Turmuhr. Gequält lächelte Désiré zurück. Der Profos stand vor ihr und wies einen Knecht an, ihr aus einer Tonschüssel Wasser zum Trinken zu geben. Begierig schluckte sie, während das Wasser seitwärts aus den Mundwinkel troff. Auf einen weiteren Wink hin schüttete der Knecht aus einem Holzeimer eiskaltes Wasser über ihren Kopf und säuberte sie notdürftig. Empört versuchte Désiré sich umzudrehen, während der Knecht sie nach ihrer Befreiung aus dem Pranger an der Kette Richtung Burgturm zerrte.

Der Profos, der ihnen gefolgt war, zog mit einer Peitsche einen Hieb über ihr Gesäß. Mit einer Geste machte er klar, daß sie schneller zu gehen habe. Nachdem sie die massive Holztür passiert hatten, schlang der Knecht die Kette ein paarmal eng um seine Hand und führte Désiré jetzt fast am Halseisen eine enge Wendeltreppe abwärts. Zufrieden grinsend stellte Amir fest, daß sie ihn offensichtlich unter seiner gelungenen Verkleidung als buckliger Verließaufseher nicht erkannte. "Was haben wir denn da für ein süßes Vögelchen?" krächzte er mit verstellter Stimme. "Damit es uns nicht wegfliegt, sperren wir es am besten in einen Käfig, oder?" Wiehernd lachte er. Die anwesenden Zuschauer lachten ebenfalls. Mit einer Mischung aus Neugier und Furcht sah Désiré sich um. Verschiedene Foltergeräte standen in dem großen Gewölbe, von dem aus ein Gang in eine unergründliche Tiefe führte. Der Kerkermeister humpelte mit einer Fackel bewaffnet voran. Rechts und links des Gangs gab es einige Zellen, die mit Gitterstäben geschlossen waren, wie Désiré feststellen konnte, nachdem der Gang mit einigen Fackeln beleuchtet wurde. Ächzend schwang eine der Gittertüren auf, vor sich hinmurmelnd betrat der Kerkermeister als Erster die Zelle. Er nahm den Schüssel für das Kettenschloß entgegen, mühsam stocherte er schimpfend im Schloß, bevor er es aufbrachte. Genauso umständlich befestigte er die Kette an einem massiven Ring in der Wand. Der Knecht war gegangen, der Kerkermeister überzeugte sich, ob sie alleine waren, dann kam er lüstern näher. Er stank aus dem Mund nach billigen Wein. Désiré wich angeekelt zurück.

Amir riß sich zusammen, jetzt bloß nicht lachen. Kurz vorher hatte er ausgiebig mit dem Fusel gegurgelt und dann ausgespuckt. Einiges von dem Wein hatte er zudem über das speckige Lederwams laufen lassen. Seine lederbehandschuhten Hände grabschten nach Désiré. Verschreckt versuchte sie eine Abwehr, die aber durch die Fesseln behindert wurde. "Na dann nicht, du alte Hexe!" schnauzte der Aufseher "Wart's nur ab. Früher oder später bist du dran!" Mit dieser Drohung verließ er die Zelle. "Bis dahin...", kreischend drehte sich der Schlüssel im Schloß der Gittertür, "..mach's dir nur bequem. Dein Festmahl bring ich dir gleich." Schlurfenden Schrittes und schneuzend entfernte er sich. Désiré war allein in den stillen Verließ. Nur kurz darauf kehrte der Kerkermeister noch einmal zurück. Gerade noch in ihrer Reichweite stellte er einen irdenen Krug mit Wasser, auf dem ein Laib Brot lag, bevor er sich endgültig entfernte.

Verzweifelt sank Désiré auf den Strohhaufen unter dem Ring, an dem ihre Kette hing. Aber sie blieb nicht lange allein. Immer wieder tröpfelten Besucher in das Burgverließ. Mal einzeln, einige Paare, kleinere Gruppen. Neugierige Kinder, die ihren Eltern peinliche Fragen stellen, und ausweichende Antworten erhielten. Freche Halbstarke, die sich einen Spaß daraus machten, die Gefangene zu necken. Und vereinzelte Männer, die eindeutige Sprüche klopften. Eine Frau, die ihrer männlichen Begleitung gegenüber abfällige Bemerkungen über so eine, die sich für sowas hergibt, fallen ließ. Eine andere, die sich mit Schaudern und Widerwillen über die Brutalität der Männer im Allgemeinen äußerte. Désiré fühlte sich wie ein Zootier, das begafft wird, aber an dem niemand wirklich Interesse hat. Sie vergrub ihr Gesicht zwischen den Armen und begann hemmungslos zu schluchzen. Was einige Besucher zu Lob über die gelungene Vorstellung hinriß.

Ein leiser, freundlicher Zuruf brachte sie dazu, das tränennasse Gesicht zu heben. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen, bevor sie die Frau erkennen konnte, die sie bereits in der Schmiede gesehen hatte. "Darf ich reinkommen?" schüchtern lächelnd fragte sie. Gequält lachte Désiré kurz auf. "Ist abgeschlossen, sonst furchtbar gerne!" Bestürzung machte sich im Gesicht der Frau breit. "Aber, ich hielt das Ganze für so eine Art Spiel!" sagte sie leise; mehr zu sich selbst. "Das ist schon so eine Art Spiel, aber eins der ziemlich harten Art." Désiré verstummte. Zart entspann sich ein Gespräch zwischen der Frau, die sich als Nadine vorstellte, und Désiré. Nadine hatte sich neben die Gittertür gehockt. Plötzlich war es Nadine, die weinte. Die Ketten der Fesseln schleiften klirrend über den Steinboden, als Désiré über den rauhen Steinboden auf die Weinende zukroch, soweit es die Kette erlaubte, und streckte ihr die Hände entgegen. Nadine preßte sich eng an das Gitter und mühte sich ihrerseits, Désiré zu erreichen. Ihre Fingerspitzen konnten sich eben etwas ineinander haken, wenn Nadine ihr Gesicht durch die Gitter quetschte. Hastig lösten sie sich, als auf der Treppe Schritten zu hören waren, verstohlen wischte Nadine die Tränen fort. Als die Besucher gegangen waren , setzten sie ihr Gespräch fort, gelegentlich durch weitere Besucher unterbrochen.

"Ich muß jetzt leider gehen. Es war so schön, mit dir zu reden!" Nadine wünschte sich die Telefonnummer von Désiré, und notierte sie eifrig in ein kleines Büchlein in ihrer Handtasche. "Ich ruf bestimmt an. Und viel Glück um Acht Uhr!" Sie wandte sich zum Gehen. Désiré rief ihr hinterher: "He, warte mal! Was meinst du mit: viel Glück um Acht?" Erschreckt kehrte Nadine an die Gittertür zurück. "Ich meine wegen dem Schild oben...", sie brach ab, als sie Désirés verständnislosen Blick erkannte. "Ich, ...ich hätte das wohl besser nicht gesagt!" Sie biß sich auf die Lippen. "Um Himmelswillen, bitte Nadine! Was?" Désiré war bleich geworden. "Folterung der Hexe um die achte Stunde!" Nadine stieß die Worte schluchzend hervor und rannte wie besessen aus dem Keller. Betäubt sackte Désiré in sich zusammen. Geistesabwesend kauerte sie auf ihrem Strohlager, die Besucher registrierte sie schon lange nicht mehr. Das Einzige, was noch an ihr Bewußtsein drang, war das Schlagen der Turmuhr, das sie gedämpft bis in ihr Verließ hören konnte. Lautlos bewegten sich ihre Lippen mit, wenn sie die Schläge zählte. Je mehr Schläge sie mitzählte, desto heftiger pochte ihr Herz; bald würde es zerspringen. Das Gemurmel im Keller nahm immer mehr zu, offensichtlich war das Interesse ziemlich groß. Was für eine grobe und unsensible Masse, die lüstern auf Grauen und Leid, einen Kitzel genießen wollte. Sie, Désiré würde wirklich leiden, ein Opfer für die Sensationsgier. Und warum ließ Amir das zu; wo war er überhaupt? Nicht einmal hatte er sich blicken lassen. Im gleichen Maß wie ihre Furcht stieg auch ihre Wut. Sie würde ihm die Augen auskratzen, sie würde... Ihr Herz rutschte in die nichtvorhandene Hose, als Punkt acht der Kerkermeister herangeschlurft kam.

Die Angst schnürte ihr die Kehle zu, als sie in das Gewölbe mit den Folterinstrumenten gezerrt wurde. Unfähig zu protestieren oder gar sich zu wehren, folgte sie widerstandslos dem Wärter. Eine Art heiterer Euphorie breitete sich in ihr aus, als sie feststellte, das Graf Siegbert sie lediglich als Demonstrationsobjekt für seinen Vortrag verwendete. Sie wurde zwar auf die Streckbank gebunden, aber nicht wirklich gefoltert. Schon nach wenigen Umdrehung stoppte er. Auch die Daumenschrauben verursachten nicht mehr als ein leichtes Drücken. Sie wurde auch nicht an dem Flaschenzug, mit Gewichten an den Füßen, in Richtung Decke gezogen. Der Ritt auf dem Folterpferd dauerte keine Minute. Das Brandeisen, das auf ihre entblößte Schulter gepreßt wurde, war eiskalt, was sie kurz zusammenzucken ließ. Auch der Prügelbock, auf den sie, bewegungsunfähig gemacht, geschnallt wurde, kam nicht weiter zum Einsatz. "So, meine Damen und Herren, damit bin ich am Ende meines Vortrags. Wenn Sie mir jetzt bitte alle nach oben folgen wollen? Unsere Gaukler haben eine wundervolle Vorführung für Sie vorbereitet und hoffen, daß sie Ihnen gefällt. Wir schließen jetzt das Burgverließ." Bis auf den Kerkermeister schoben sich alle über die enge Wendeltreppe nach oben. Polternd fiel die schwere Holztür ins Schloß.

Albern kichernd stand der Kerkermeister neben ihr. "Jetzt zu uns beiden!" Entgegen ihrer hoffnungsvollen Erwartung band er sie nicht los. Er zog seinen Dolch und setzte ihn an den Kleidersaum. Mit vorsichtigen, aber schnellen Bewegungen schlitzte er den Stoff bis hoch zur Taille auf. Désiré erschauerte unter der Berührung, als seine Hände, immer noch in rauhen Lederhandschuhen, an den Innenseiten ihrer Beine nach oben krochen. Ihren Protest ignorierte er einfach. Dann entblößte er sie von den Beinen bis zum Gesäß vollkommen, ohne auch nur einmal das Wort an sie zu richten. Wieder streichelte er sie ausgiebig. Mit einer seltsamen Mischung aus Widerwillen und Faszination spürte sie Lust in sich aufsteigen. Nein! hämmerte es in ihrem Kopf. Das schrie sie auch lauthals heraus. Unwirsch ließ der Kerkermeister von ihr ab. "Halt endlich das Maul, sonst stopfe ich es dir!" Drohend schwenkte er mit einem Kieferspreizer vor ihrem Gesicht umher. "Mal sehn, was wir da so alles haben." murmelte er vor sich hin und begutachtete die Ansammlung von Knebeln, die dekorativ an der Wand hing. "Ah, der ist gut!" Eine Holzkugel, ähnlich einem Stopfei, lag in der Hand direkt vor ihren Augen. "Hat das Gräflein vergessen zu zeigen, was?" höhnte er. "Tolles Gerät. Siehst du. Na, du mußt schon hersehen, wenn ich dir was erkläre!" Er zerrte ihren Kopf an den Haaren ins Genick. Verschreckt riß Désiré die Augen weit auf. Er ließ sie wieder los, um sein Spielzeug vorzuführen. "Wenn man hier an dem Rädchen dreht", gleichzeitig zum Reden machte er alles vor, "werden die beiden Hälften auseinander gedrückt. Die Zunge liegt dann schön flach und ist nicht mehr so beschäftigt. Oder doch lieber den hier?" Er schnappte sich ein anderes Instrument von der Wand. "Eine Schraubzwinge, in die die Zunge eingespannt wird, an der Kette hier kann man dann die Zunge schön weit aah! machen lassen", dozierte er. Désiré brach der Schweiß aus.

Wußte Amir, mit was für einem Verrückten sie hier zusammen war? Zu ihrer Verwunderung entschied sich der Alte zu einem gänzlich unspektakulären Verfahren. Er stopfte kurzerhand einen zusammengeknüllte Stoffetzen zwischen ihren Zähnen hindurch in die Mundhöhle und bevor sie weiter reagieren konnten, hielt ein zusammengedrehtes Stofftuch um ihren Nacken den Fetzen fest im Mund. Erstickt schrie Désiré in den Knebel, als eine Peitsche auf ihr entblößtes Gesäß niederprasselte. Für einen Moment schoß ein wahnwitziger Gedanke durch ihren Kopf. Sie glaubte an der Art, wie der Alte sie peitschte, Amir zu erkennen. Mißtrauisch versuchte sie nach der Auspeitschung die Maske zu durchdringen. Ihr Augen weiteten sich ungeheuer, als der Mann in sie eindrang. Désiré versuchte vergeblich den Kopf zuwenden, um Sicherheit über seine Identität zu bekommen. Nach wenigen Stößen war jede Überlegung in ihrem Hirn getilgt, die Lust überschwemmte sie. Abrupt zog sich der Mann aus ihr zurück, und stopfte sein Glied wieder in die Hose, bevor er sie vom Prügelbock losband. Ein schmerzhafter Hieb mit dem Peitschengriff auf die Hand ließ sie weitere Versuche einstellen, mittels Tasten mehr über den seltsamen Kerkermeister zu erfahren. Erschöpft sank sie auf ihr Strohlager, nachdem sie wieder an den Ring in der Zelle gekettet worden war. Mit Stöhnen quittierte sie den Versuch, sich hinzusetzen; die Striemen auf ihrem Gesäß brannte immer noch wie Feuer. Wortlos schlurfte er nach dem Abschließen der Gittertür vondannen. Langsam verhallten seine Schritte in der Weite des Gewölbes. Polternd fiel die Eingangstür des Turms zu. Entfernt, aber deutlich hörbar wurde der Riegel abgeschlossen, dann war es still.

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